Hochwasser-Vorsorge an der Oder genuegt nicht
WWF warnt: Bei der naechsten Flut wieder hohe Schaeden
/ Ueberflutungsflaechen fehlen
Rastatt, 2. Juli 1998. Ein Jahr nach dem katastrophalen
Hochwasser an der Oder stellte das Auen-Institut der Umweltstiftung WWF-Deutschland
noch immer erhebliche Maengel beim Hochwasserschutz fest. "Selbst eine
schwaechere Flut als die im letzten Sommer wuerde heute aehnlich hohe Schaeden
verursachen", urteilte Georg Rast, Referent fuer Wasserbau und Wasserwirtschaft
im WWF-Auen-Institut.
"Wie nach jeder Katastrophe hat man sich bisher nur darauf
konzentriert, die entstandenen Schaeden zu beheben", erklaerte Rast. Das
heisst, es wurden vor allem gebrochene Deiche repariert. Dies ist nach
Ansicht des Hochwasser-Experten zwar notwendig, doch es reicht nicht aus
fuer eine langfristige Vorsorge. Noetig sind zusaetzliche Ueberflutungsflaechen
in den Anrainerlaendern Brandenburg und Polen, um kuenftige Risiken zu
entschaerfen.
Kritik richtete Rast an die Politik sowohl in Brandenburg
als auch in Polen. Kurz nach der Flut seien vor allem Betroffene auf der
polnischen Seite bereit gewesen, aus hochwassergefaehrdeten Gebieten wegzuziehen.
"Entsprechende Signale aus der Politik haben jedoch gefehlt", betonte Rast.
Nun sei es dazu fast zu spaet, denn viele der Bewohner haetten ihre geschaedigten
Haeuser renoviert. "Indem man jedoch die bestehenden Zustaende wiederherstellt,
zementiert man einen mangelhaften Hochwasserschutz", fuegte er hinzu.
Um Hochwasserschutz erfolgreich umzusetzen, muss man
die oekologischen Potentiale der Flusslandschaft einbinden, d. h. Auen
wieder als natuerliche Rueckhalteraeume nutzen. . "Dies zeigt das `Integrierte
Rheinprogramm´ des Landes Baden-Wuerttemberg ganz deutlich", unterstrich
Rast. Dort erhalten ausgedeichte Auenstandorte wieder ihre Funktion als
"Puffer" bei Hochwasser, indem sie an den Rhein angebunden werden. An der
Entstehung dieses Programms war das WWF-Auen-Institut massgeblich beteiligt.
Auch an der Oder versucht der WWF nun, ein solches Programm
voranzutreiben. So gibt es gerade dort hervorragende Moeglichkeiten fuer
Deichrueckverlegungen, die dem Hochwasserschutz dienen und zugleich optimale
oekologische Verhaeltnisse schaffen wuerden. Um die negativen Folgen rein
technischer Flussbaumassnahmen und die Chancen eines oekologischen Hochwasserschutzes
zu demonstrieren, hatten Rast und seine Kollegen im Juni 45 Fachleute aus
Deutschland, Polen und Tschechien eingeladen. Wie Rast erlaeuterte, habe
man damit die Ebene erreicht, die solche Massnahmen auch tatsaechlich umsetzen
kann.
Momentan sieht es in Polen jedoch nicht nach einer oekologisch
orientierten Loesung aus. Mit dem Ausbauprogramm "Odra 2006" plant die
Regierung den Bau weiterer Staustufen. Dies koennte den Hochwasserschutz
sogar verschlechtern, befuerchten die Experten vom WWF-Auen-Institut. Aehnlich
schaetzt auch die Weltbank die Folgen ein. Sie will sich an der Finanzierung
des Programms beteiligen, zoegert jedoch aufgrund dieser offensichtlichen
Planungsmaengel.
"Auch in Brandenburg muss mehr passieren", mahnte Rast.
Wenn Polen seine Deiche so gruendlich ertuechtigt wie Deutschland, werden
kuenftige Hochwasser Brandenburg staerker als zuvor treffen. Bisher hatten
die Ueberschwemmungen in Polen die Folgen fuer das flussabwaerts liegende
Gebiet abgeschwaecht. "Fuer dieses Problem gibt es zwei Loesungen", erlaeuterte
Rast. Zum einen kann Brandenburg selbst mehr Raum schaffen, zum anderen
kann es Polen unterstuetzen. Denn in Polen stehen Flaechen zur Verfuegung,
doch es fehlt vor allem an Geld. "Am sinnvollsten waere es, beide Moeglichkeiten
zu kombinieren", empfahl Rast.
Fuer weitere Informationen wenden Sie sich bitte an
Anja Rech, Pressereferentin im WWF-Auen-Institut
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